Die Idee hinter den FAB Talks ist, erfrischende Talks in einem inspirierendem Umfeld mit Business-Networking auf innovative Weise zu verknüpfen, um damit spannende Diskussionen anzuregen und offene Fragen von Experten klären zu lassen. Die Vision ist es, ein interdisziplinäres Netzwerk aufzubauen und langfristig auch gemeinsam Projekte anzustoßen und umzusetzen.
Am 10. Juli fanden die 23. FABtalks zum Thema „B Corp – Business as a Force For Good“ - in Stuttgart bei CODE_n statt. Gemeinsam mit der BMW Foundation möchte ABURY in dieser FABtalks Reihe in München, Stuttgart, Frankfurt und Düsseldorf das Thema B Corp in Deutschland bekannter machen, den Prozess der Zertifizierung erklären und weitere Unternehmer inspirieren, sich dem Thema zu widmen.
Andrea Bury, Gründerin von ABURY, einem Fair Trade Lifestyle Label, führte durch den Abend. Andrea ist Mitglied der „Responsible Leaders“ der BMW Foundation und wurde 2016 auf dem Global Responsible Leaders Forum durch einen Vortrag über Sistema B (BCorp Bewegung in Südamerika) inspiriert, ihr Unternehmen ABURY B Corp zertifizieren zu lassen. Seit Mai 2017 ist ABURY auch zertifiziertes B Corp.
Die Idee der B Corps entstand 2006 in den USA und ist dort bereits weit verbreitet und sehr bekannt. Die Gründer Jay Coen Gilbert, Bart Houlahan und Andrew Kassoy wollten sicherstellen, dass die soziale Mission eines Unternehmens auch nach einem Eigentümerwechsel bestehen bleibt.
Zusammenfassung der Vorträge
Janneke Wagner (B Lab Europe):
B Lab ist die Non-Profit-Organisation, die hinter B Corp steht. Mit dem B Corp-Status werden Unternehmen ausgezeichnet, die mit der Kraft des Unternehmertums Lösungen für soziale und ökologische Probleme finden. Bis heute gibt es 3000 B Corps in 170 Ländern und 50 Industrien.
Mithilfe des B Impact Assessments, einem Fragebogen mit ca. 90 Fragen, können die Auswirkungen eines Unternehmens in den Bereichen Unternehmensführung, Umwelt, Gesellschaft, Mitarbeiter und Kundschaft gemessen werden. Insgesamt können bei dem Assessment 200 Punkte erreicht werden - zertifiziert werden Unternehmen, die mindestens 80 Punkte erreichen. Die Fragen sind kostenfrei online zugänglich unter https://app.bimpactassessment.net .
Es gibt je nach Größe, Standort und Industrie des Unternehmens verschiedene Assessments. Nachdem man die Fragen beantwortet hat, gehen diese zu B Lab und müssen die Punkte verifiziert werden. Das bedeutet, dass B Lab Antworten hinterfragt und „Beweise“ für die Antworten benötigt, um die Punkte auch wirklich anzurechnen.
Jedes Unternehmen, das B Corp werden möchte, muss am Ende auch die Firmenstatuten ändern. In einer Klausel wird festgehalten, dass das Unternehmen bei allen Entscheidungen, die getroffen werden, für die Mitarbeiter, Gesellschaft, Umwelt mitdenkt und dies auch durch einen Verkauf des Unternehmens nicht verändert wird.
Wie lange der Zertifizierungs-Prozess dauert, ist unterschiedlich. Bei großen Unternehmen kann es bis zu mehreren Jahre dauern, bei kleinen Unternehmen geht es schneller. ABURY brauchte zum Beispiel 4 Monate für die Zertifizierung! Das besondere an der Zertifizierung ist, dass es ein dynamischer Prozess ist - heißt, man wird durch die Fragen inspiriert, Prozesse im Unternehmen zu verändern und kann dann, wenn man die Veränderung erreicht hat, zur finalen Zertifizierung kommen. B Lab begleitet und hilft einem auf diesem Weg.
Momentan werden neue Assessments für größere Unternehmen entwickelt, damit sie die B Corp Standards benutzen können, um etwas von der Expertise zu lernen und ihre Auswirkungen zu messen, auch wenn sie nicht B Corp-zertifiziert werden.
Am 23. und 24. September findet der europäische B Corp Summit in Amsterdam statt. Alle B Corps und auch interessierte Unternehmen sind herzlich eingeladen. Auf bcorporation.eu gibt es weitere Informationen.
Stefan Siemer (Head of Sustainability Weleda)
Weleda ist schon seit seiner Gründung 1921 ein nachhaltiges Unternehmen: Das Unternehmensmotto „Im Einklang mit Mensch und Natur“ gilt noch heute. So hat sich Weleda dazu entschlossen, sich als B Corp zertifizieren zu lassen. Bei einem Unternehmen mit 2500 Mitarbeitern in 22 Landesgesellschaften ist dies ein langer Prozess, doch das Ziel ist, bis 2022 zertifiziert zu sein.
In einigen Bereichen wie bei nachhaltiger Unternehmensführung ist Weleda mit seinem Führungsstil schon weit, in anderen Bereichen gibt es noch viel zu tun. Die Auseinandersetzung mit den Anforderungen der B Corp Zertifizierung fördert eine Transparenzkultur und Verbindlichkeit bei den Mitarbeitern. Die Bereitschaft, für etwas einzustehen, steigt.
Gut findet Siemer, dass durch den Zertifizierungsprozess Standards, die im Unternehmen möglicherweise schon gelebt werden, verbindlich festgeschrieben werden und weitere Überlegungen angeregt werden. Weleda investiert viel in die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter. Beim Thema Klimaschutz wird es eine harte Policy geben – wie viel darf geflogen werden, was passiert mit dem Auto als Statussymbol? – das sind vor allem Herausforderungen auf kultureller Ebene, besonders bei einem internationalen Unternehmen.
Siemer ist der Meinung, dass Zertifikate auf Unternehmensebene notwendig sind, denn Konsumenten achten immer mehr auf Transparenz und Glaubwürdigkeit. Ein Zertifikat wie B Corp kann die Sicherheit geben, dass es keine Verlierer gibt, wenn der Konsument ein Produkt kauft.
Diskussion
Publikumsfrage an Janneke Wagner: Wenn ein Unternehmen schon Nachhaltigkeitsstandards inkorporiert hat, wie können diese im Impact Assessment von B Lab Europe berücksichtigt werden?
Janneke Wagner: Die Standards, nach denen sich die B Corp Zertifizierungen richten, werden von einem unabhängigen Rat entwickelt und alle drei Jahre neu überarbeitet. Also können und sollten B Corp Unternehmen sich alle drei Jahre re-zertifizieren.
Die Fragebögen sind interaktiv gestaltet. Wenn ein Unternehmen in gewissen Bereichen schon weiter ist, kann ein Kommentar eingefügt werden und der Rat nimmt die Anregungen in die Überarbeitung mit auf. Wenn ein Unternehmen sich schon nach nachhaltigen Standards richtet oder andere Zertifikate erworben hat, kann dies ebenfalls im Fragebogen angegeben werden – dafür werden dann Punkte vergeben. Momentan arbeitet eine Projektgruppe von B Lab Europe an einer Kooperation mit UN Global Compact, um die Sustainable Development Goals noch stärker im Fragebogen zu repräsentieren.
Publikumsfrage: Können sich auch größere Unternehmen zertifizieren lassen?
Janneke Wagner: Es gibt unterschiedliche größere Unternehmen, die sich zertifizieren lassen wollen. Danone zum Beispiel mit 100.000 Mitarbeitern hat sich zum Ziel gesetzt, 2030 die B Corp Zertifizierung zu erreichen. Unilever hat ebenfalls angefangen, Tochterunternehmen nach und nach zu zertifizieren.
Der Fragebogen bewertet generell nur positive Aspekte. Wenn Coca Cola sich für eine B Corp Zertifizierung interessieren würde und viele positive Veränderungen anstößt, dann könnte auch hier eine Zertifizierung irgendwann möglich sein. Auch Nespresso zeigt Interesse an B Corp und den damit verbundenen Nachhaltigkeitsstandards. Auf dem Stand, auf dem sich das Unternehmen momentan befindet, ist eine Zertifizierung zwar schwer vorstellbar, doch wer weiß, wie sich das Unternehmen in Zukunft entwickelt.
Für B Lab Europe ist es wichtig, dass so viele Unternehmen wie möglich sich mit dem Fragebogen auseinandersetzen und ihn nutzen, um ihre Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen zu messen. Bis heute haben schon über 50.000 Unternehmen den Fragebogen ausgefüllt und ihn als Reflexionsmethode genutzt.
Publikumsfrage an Stefan Siemer: Wie wird Nachhaltigkeit bei Weleda im unternehmerischen Alltag gelebt?
Stefan Siemer: Noch gibt es bei Weleda keine global einheitlichen Standards, wir arbeiten aber darauf hin. Wo wir neu bauen, bauen wir ökologisch. Bei der Mobilität sind die nächste Schritte, die Fahrradmobilität positiv sanktionieren: Es soll Ladeplätze für E Bikes geben und dafür weniger Autoparkplätze. Bei der sozial Nachhaltigkeit können sich Mitarbeiter im Rahmen von sogannten Werkstunden an die verschiedenen Produkte annähern. Eine zweistündige Pflanzen-Meditation zum Beispiel zeigt, was die Inhaltsstoffe Rose, Gold, Lavendel mit dem Menschen machen. So entsteht eine Verbindung mit den Werten des Unternehmens für die Mitarbeiter.
Natürlich bemühen wir uns immer, Wasser, Strom und Energie zu sparen, das ist ein fortlaufender Prozess, der laufend verbessert wird.
Publikumsfrage: Wie werden die verschiedenen Sparten eines Unternehmens im Fragebogen verrechnet? Gibt es beispielsweise für die Produktion Punktabzug, der aber durch gesellschaftliche Aktivitäten wieder ausgleichen werden kann? Wie wird das Produkt genau einbezogen?
Andrea Bury: ABURY arbeitet mit Leder, was kein besonders nachhaltiger Rohstoff ist. Wir ließen unser Leder und die Fäden, die wir benutzen, durch ein Öko-Institut testen, um zu beweisen, dass wir gemäß europäischer Standards arbeiten. Trotzdem ist die Lederverarbeitung generell nicht ökologisch und wir bekommen dann in einigen Bereichen keine Punkte. Es geht aber auch darum, zu versuchen, Dinge zu verbessern. Im nächsten Jahr haben wir z.B. uns dann entschieden, mit einer Community in Äthiopien und organic cotton zu arbeiten. So sind wir im Bereich Community, was ABURYs Schwerpunkt ist, als Best of the World ausgezeichnet worden.
Stefan Siemer: Weleda stellt auch Arzneimittel her. Diese werden rundherum untersucht: Wirkungsnachweise, was sind die Bestandteile, gibt es Risiken und Nebenwirkungen. Da gibt es auch rechtlich Pflichten für Tierversuche, die wir nicht umgehen dürfen, auch wenn wir wollen. Bei unseren Naturkosmetikprodukten ist es zum Glück anders, hier gibt es natürlich keine Tierversuche. Sonst würden wir auch wohl nicht als B Corp zertifiziert werden können. Bei anderen Aspekten gibt es viele Grauzonen.
Vielen Dank an unsere Partner BMW Foundation und B Lab Deutschland und
VIELEN DANK FÜR DEIN KOMMEN UND BIS ZUM NÄCHSTEN MAL!!
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