Die Idee hinter den FAB Talks ist, erfrischende Fashion-Talks in einem inspirierendem Umfeld mit Business-Networking auf innovative Weise zu verknüpfen, um damit spannende Diskussionen zum Thema Mode anzuregen und offene Fragen von Experten klären zu lassen. Die Vision ist es, ein interdisziplinäres Netzwerk aufzubauen und langfristig auch gemeinsam Projekte anzustoßen und umzusetzen.
Am 17. Januar 2017 wurden die FABtalks zum zweiten Mal im Rahmen der Ethical Fashion Show während der Berlin Fashion Week veranstaltet, dieses Mal im Schaltraum vom Kraftwerk Berlin. Das Thema Care Labels wurde wieder aufgegriffen und unter der Überschrift “Wie viel Care steckt hinter den Symbolen?” präsentiert und diskutiert.
50% des Impacts eines Kleidungsstücks liegt beim Konsumenten, nachdem er oder sie es gekauft hat, und damit trägt er/sie eine große Verantwortung. Care Labels spielen demzufolge eine essenzielle Rolle in Bezug auf Nachhaltigkeit, da mit Hilfe der Symbole ein Kleidungsstück möglicherweise länger erhalten bleiben kann. FABtalks Host Andrea Bury und Elisabeth Lakai- Fels von AEG leiteten das Thema der Talks mit der Vorstellung des Care Label Projects von AEG ein: Ein Projekt, das zusammen mit 14 Designern ins Leben gerufen wurde, um Wäschepflege neu zu definieren und Konsumenten darüber aufzuklären, wie man Kleidung nicht nur nachhaltiger reinigen kann, sondern ein Kleidungsstück auch ein Leben lang erhalten kann. Die herkömmlichen Care Labels sind nämlich mittlerweile schon mehr als 40 Jahre alt und längst überholt. Technologien und Waschmittel haben sich weiterentwickelt – doch viele Verbraucher nutzen sie nicht, weil sie an alten Pflegemythen festhalten und sich nicht darüber im Klaren sind, dass sie nachhaltiger mit ihrer Wäsche umgehen könnten, wenn sie ihre Gewohnheiten umstellen würden. Das Label “Don’t Overwash” soll dabei helfen, ein neues Bewusstsein für nachhaltige Pflege zu bekommen.
ZUSAMMENFASSUNG DER WICHTIGSTEN INHALTE AUS DEN VORTRÄGEN:
1. TIM LABENDA, DESIGNER
Tim Labenda ist ein Berliner Modelabel, das sich auf Damenmode spezialisiert und großen Wert auf die nachhaltige Herstellung von Wollkleidung legt. Der Designer veröffentlicht im Jahr zwei Kollektionen, versucht jedoch ein Produkt zu schaffen, dass sich nicht zu sehr an die jeweilige Saison bindet, sodass man es über das ganze Jahr tragen kann. Der Gedanke, eine Kollektion nur für eine bestimmte Zeit zu tragen und danach durch eine neue Kollektion zu ersetzen, erscheint nämlich alles andere als nachhaltig.
Eines der größten Anliegen der Marke Tim Labenda ist es, dass die Kundin, die ein Kleidungsstück kauft, ein Leben lang etwas davon hat. Da die Verantwortung für das Kleidungsstück zum Zeitpunkt des Kaufes an die Kundin abgegeben wird, ist es schwer, diesbezüglich ein Versprechen zu machen. Eine Konsequenz ist, dass viele Designer Care Labels verwenden, die die Kundin weitgehend einschränken, sodass es nicht dazu kommt, dass ein Stück reklamiert wird, weil es falsch behandelt wurde. Oft ist der Anspruch eines Kunden an ein teures Kleidungsstück, dass es lange halten muss, ohne sich darüber bewusst zu sein, dass man selbst die Verantwortung trägt für die Langlebigkeit eines Produkts.
Als Designer ist es demzufolge eine spannende Erfahrung, beim Care Label Project mitzuwirken und durch das “Don’t Overwash” Label an die Konsumenten zu vermitteln, dass ein Produkt mehr und mehr leidet, je öfter es gewaschen wird. Es gibt genügend Alternativen, ein Produkt zu reinigen, ohne es zu waschen. Die Langlebigkeit eines Kleidungsstücks ist doch schließlich was es wirklich nachhaltig macht – und nur durch die richtige Pflege kann dies gesichert werden.
2. GEORG ANDREAS SUHR, DESIGNER
Georg Andreas Suhr ist ebenfalls Designer und Co-Founder der Marke cocccon – Creativity Can Care. Anders als Tim Labenda spezialisiert sich Andreas Suhr auf die Verwendung von Seide in seinen Modeaccessoires. Um genau zu sein handelt es sich dabei um gewaltfreie Seide: Seide, bei der die Raupe in der Produktion nicht getötet wird und weiter als Schmetterling leben kann. Auch für Andreas Suhr spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle in der Produktion: Es wird so wenig Wasser wie möglich verbraucht und bis ein Teil fertig produziert wird ist der Carbon Footprint sehr gering.
Insbesondere bei empfindlichen Materialien wie Seide ist es besonders wichtig, die Kleidungsstücke nicht zu häufig zu waschen, und auch nicht zu viel Waschmittel zu verwenden – die Angaben auf den Verpackungen sind meist viel zu hoch angesetzt. Andreas Suhr empfahl uns einige Hausmittel für die Reinigung von Seide: Bei Fettflecken zum Beispiel kann man ein Kleidungsstück aus Seide einfach eine Nacht in Mandelmilch einweichen lassen und danach normal waschen – dadurch werden die Fettflecken entfernt. Ansonsten empfahl Andreas Suhr vor allem die Handwäsche für Seidenprodukte – doch auch hier kann man Fehler begehen: Durch zu viel Reibung kann die Fettschicht, die die Seidenfasern umschließt, nämlich aufgebrochen werden und dadurch wird das Material angegriffen.
Ein letzter Tipp, den uns Andreas Suhr mit auf den Weg gab: Waschnüsse statt Waschmittel verwenden, die sind 100% biologisch abbaubar!
3. MICHAEL WOLF, AEG
Michael Wolf ist Experte im Bereich Wäschepflege bei AEG und brachte uns näher, was mit den neuesten technologischen Entwicklungen möglich ist. Obwohl die Care Labels nicht aktuell sind, sind sie wichtig um dem Verbraucher eine Orientierungshilfe beim Waschen geben zu können. Ein Strich unter dem bekannten Zeichen mit dem Waschbottich gibt zum Beispiel an, dass ein schonendes Programm verwendet werden sollte und zwei Striche bedeuten, dass ein Wollwaschgang empfohlen ist.
Neue Waschmaschinen bieten sogar Sonderprogrammean, wie ein Outdoor- Programm oder ein Jeansprogramm. Dadurch wird es dem Verbraucher noch einfacher gemacht. Manchmal findet man im Care Label zudem ein Bügelzeichen – dies ist vor allem bei Outdoor-Kleidung nicht unüblich, da die Wärmewirkung vom Bügeleisen dazu führt, dass die wasserabweisende Schicht auf Outdoor-Jacken wieder verschlossen wird und dadurch die Jacke wieder wasserabweisend wird. Ein weiteres Programm, welches mittlerweile bereits in vielen Waschmaschinen zu finden ist, ist das Handwäsche- Programm. Bei diesem Programm wird die Wäsche in der Trommel hin- und hergeschaukelt und nicht verdreht oder gestaucht. Dadurch ist dieser Waschgang meist sogar schonender als wirklich per Hand zu waschen!
Dennoch ist es immer wieder wichtig, sich klarzumachen, dass zu häufiges Waschen der Wäsche schadet. Michael Wolf beschrieb ein Problem, das wir sicher alle kennen: Die Kleidung sammelt sich im Laufe der Woche auf dem Stuhl im Schlafzimmer an und am Ende der Woche stellt man sich die Frage: Wasche ich das jetzt oder kommt es in den Schrank zurück? Ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang: Lüften, lüften, lüften! Oft reicht es schon, ein Kleidungsstück für ein paar Stunden auf den Balkon zu hängen. Das ist nachhaltig und auch schonend für das Textil. Die neuesten Waschmaschinen bieten sogar ein Dampfprogramm an – dabei wird Dampf erzeugt und die Wäsche aufgefrischt. Dieser Vorgang verbraucht wenig Energie, da nur zwei Liter Wasser erhitzt werden.
Um nachhaltig zu waschen lohnt es sich, lange Waschprogramme zu wählen, aber auf einer niedrigen Temperatur zu waschen. Empfindliche und unempfindliche Wäsche sollten voneinander getrennt werden, da die Reibung zwischen grobem und feinem Gewebe zu stark ist und ein Material wie Wolle schnell verfilzen kann. Wichtig außerdem bei empfindlichen Sachen: Nicht die Waschmaschine zu voll beladen – Maximal vier Wollprodukte und auch nur maximal 1kg bei Kleidungsstücken aus Seide.
FRAGERUNDE
In der abschließenden Fragerunde wurde unter anderem die Energiebilanz von Trocknern diskutiert. Früher wurde behauptet, der Trockner sei das schwarze Schaf der Haushaltsgeräte. Heute jedoch sind die Geräte so weit entwickelt, dass es auch energiesparsame Trockner gibt, die teilweise über 60% Energieeinsparungen vorweisen. Zudem lernten wir, dass Kleidungsstücke aus Mikroplastik die Hersteller noch immer vor eine Herausforderung stellen. Mikroplastik-Teilchen sind so klein, dass man spezielle Filter in den Geräten braucht, die sich aber sehr schnell zusetzen. Eine technische Lösung gibt es dafür demnach zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Von chemischer Reinigung wurde abgeraten, auch wenn es einige Care Labels so empfehlen. Lieber solle man sein Kleidungsstück über Nacht in der Tiefkühltruhe lagern oder einfach lüften – chemische Reinigung entspricht einfach nicht unserem nachhaltigen 2018 Standard und dazu kommt, dass eine chemische Reinigung oft nicht nur nicht ausreichend reinigt, sondern das Kleidungsstück auch noch beschädigen kann.
Wertvoller Tipp einer Zuhörerin zum Schluss: Man kann zum Waschen auch Kastanien statt Waschnüsse verwenden – diese sind lokal und haben eine ähnliche Wirkung!
Wir danken unseren Partnern AEG, Ethical Fashion Show und Greenshowroom, sowie FLAIR Magazin und Dr. Hauschka.
BIS ZUM NÄCHSTEN MAL!
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